SECCIÓN MONOGRÁFICA

Einführung des Dossiers “Kant und die Leibniz-Wolffsche Tradition”

Stefan Lang
Universität Halle, Alemania
Tereza Matějčková
Univerzita Karlova., República Checa

Revista de Estudios Kantianos. Publicación internacional de la SEKLE

Universitat de València, España

ISSN-e: 2445-0669

Periodizität: Semestral

vol. 8, num. 2, 2024

p.ordenes.azua@gmail.com

Empfangen: 19 November 2023

Akzeptiert: 01 Dezember 2023



Los autores conservan los derechos de autor y garantizan a la revista el derecho de ser la primera publicación del trabajo al igual que licenciado bajo una Creative Commons Attribution License que permite a otros compartir el trabajo con un reconocimiento de la autoría del trabajo y la publicación inicial en esta revista.

Die Leibniz-Wolffsche Tradition hat im Bereich der Geschichte der Philosophie an Bedeutung gewonnen.[3] Zu dieser Tradition zählen neben den Namensgebern, Gottfried Wilhelm Leibniz und Christian Wolff, die Vertreter der deutschen Schulmetaphysik des 18. Jahrhunderts und die Leibnizianer wie Moses Mendelssohn oder Johann August Eberhard.[4] Zu der deutschen Schulmetaphysik des 18. Jahrhunderts gehören neben Wolff die „Wolffianer“, bspw. Alexander Gottlieb Baumgarten, Johann Christoph Gottsched, Georg Friedrich Meier oder Hermann Samuel Reimarus, während Leibniz und (zumeist) auch Mendelssohn nicht zur deutschen Schulmetaphysik gezählt werden (Heimsoeth, 1967; Krijnen, 2017; Wundt, 1964).[5] Indes ist Leibniz auch für Wolff und die Wolffianer eine Schlüsselfigur gewesen.

Die zunehmende Bedeutung der Leibniz-Wolffschen Tradition dokumentieren nicht nur eingehende Analysen der Theorien von bspw. Baumgarten, Mendelssohn oder Wolff (vgl. bspw. Beiser, 2009; Cataldi Madonna, 2001, 2011; Rudolph und Goubet, 2003), sondern ebenso Untersuchungen, die den Einfluss der Leibniz-Wolffschen Tradition auf Immanuel Kant nachweisen und erläutern (vgl. bspw. Dyck, 2011; Kreimendahl, 2011; Wunderlich, 2005). Auch die Bedeutung der Leibniz-Wolffschen Tradition für Karl Leonhard Reinhold (Bondeli und Imhof, 2017; Röhr, 2012), Johann Gottlieb Fichte (Cesa, 2004; Ivaldo, 2000, 2003; Taver, 2006), Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (Frank, 2018; Franz und Neumann, 2009) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (Euler, 2021; Jakušić, 2017; Sala und Kabeshkin, 2022) ist in der jüngeren Vergangenheit dargestellt worden.

Dies ist eine erfreuliche und unterstützenswerte Entwicklung, da die Bedeutung der Leibniz-Wolffschen Tradition für die Philosophie des 18. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum kaum überschätzt werden kann. So erwähnt Carl Günther Ludovici bereits 1737 in Ausführlicher Entwurff einer vollständigen Historie der Wolffischen Philosophie (1) mehrere Duzend Wolffianer (Ludovici, 1737, S. 331-335). Zudem waren bspw. Baumgarten und Mendelssohn für Kant von besonderer Bedeutung. Kant legte Baumgartens Metaphysik seinen Vorlesungen über die Metaphysik zugrunde (vgl. Kreimendahl, 2011, S. LXXXII). Mendelssohn hatte Kant bis ca. Mitte der 1780er Jahre in den Schatten gestellt (Kühn, 2001, S. 230). Mendelssohn, nicht Kant, gewann den auf das Jahr 1763 ausgesetzten Preis der Königlichen Akademie der Wissenschaften und schönen Künste in Berlin und war in Aufsehen erregenden Debatten wie dem Pantheismusstreit verwickelt. Es überrascht somit nicht, dass Kants Philosophie von seiner Auseinandersetzung mit der Leibniz-Wolffschen Tradition maßgeblich geprägt ist. Vorliegendes Dossier ist daher der Untersuchung der Beziehung zwischen Kant und der Leibniz-Wolffschen Tradition gewidmet. Im Rahmen dieser Einleitung wird eine folgenreiche Debatte zwischen Kant und der Leibniz-Wolffschen Tradition skizziert, die in mehreren Beiträgen des Dossiers zur Sprache kommt. Es handelt sich um die Debatte über theoretische Beweise der Existenz Gottes (Gottesbeweis).[6]

1. Beweise für Gottes Existenz

Gottes Dasein zu beweisen, zählt zu den zentralen Anliegen der Leibniz-Wolffschen Tradition. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei Leibniz ein. Leibniz hat Descartes’ Gottesbeweis, bei dem von der Vollkommenheit Gottes auf seine Existenz geschlossen wird, für ergänzungsbedürftig erachtet. Nach Leibniz muss Descartes’ Beweis durch die Annahme ergänzt werden, dass der Begriff Gottes widerspruchsfrei und somit möglich ist. Der Nachweis, dass der Begriff Gottes bspw. im Sinn des ens perfectissimum keine Widersprüche enthält, ist somit eine bedeutende Aufgabe (vgl. Henrich, 1960), die nach Leibniz u.a. Baumgarten in der theologianaturalis seiner Metaphysik zu lösen sucht und auch Mendelssohn in mehreren Schriften wie bspw. Abhandlungüber die Evidenz in Metaphysischen Wissenschaften behandelt.

Auch Kant beteiligt sich in Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes (Der einzig mögliche Beweisgrund) an dieser Debatte. In Der einzig mögliche Beweisgrund unterscheidet er zwischen einem logischen Widerspruch und einem positiven Widerspruch. Beim logischen Widerspruch wird dasjenige verneint, das zugleich bejaht wird. Dieser Widerspruch tritt nach Leibniz, Mendelssohn, aber auch nach Kant beim ens perfectissimum bzw. ens realissimum nicht auf. Allerdings gibt es auch positive Widersprüche, die Realrepugnanz. Die Realrepugnanz bedeutet, dass etwas als ein Grund die Folge von etwas anderem durch eine reale Entgegensetzung unterbindet. Kants Beispiel für einen positiven Widerspruch ist die Bewegungskraft eines Körpers nach einer Direktion und die Tendenz desselben Körpers, mit einem gleichen Grad an Kraft sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. In diesem Fall liegt kein logischer Widerspruch vor, obgleich zwei entgegengesetzte Kräfte in einem und demselben Körper wirken. Jedoch vernichtet eine Kraft die Realfolge der anderen Kraft, die anderenfalls eine wirkliche Bewegung sein würde. Da dies wechselseitig gilt, ist das Ergebnis die Ruhe (BDG, AA 2:86).

Für Kant ist daher auch der von Leibniz oder Mendelssohn verbesserte Gottesbeweis ergänzungsbedürftig. Es bedarf des Nachweises, dass bei den Bestimmungen des realsten Wesens nicht nur kein logischer Widerspruch, sondern auch kein positiver Widerspruch auftritt. Kant liefert diesen Nachweis mit dem Argument, dass im realsten Wesen keine Realrepugnanz vorhanden sein kann, da die Folge davon ein Mangel im realsten Wesen wäre. Das widerspricht jedoch dem Begriff des realsten Wesens. Nach Kant gilt daher folgendes: Wenn ein Widerspruch zwischen Realitäten erkennbar ist, dann ist dieser Widerspruch dadurch zu lösen, dass zwar alle Realitäten durch Gott gegeben sind, aber deswegen nicht alle Realitäten in Gott enthalten sind (ebd.). Vielmehr zählen die Realitäten entweder zu den Bestimmungen Gottes oder aber seiner Folgen, also der Welt. Zwei Realitäten, von denen eine zu den Bestimmungen Gottes gehört und die andere zur Welt, können sich nach Kant jedoch nicht im Sinn der Realrepugnanz widersprechen. Der Widerspruch zwischen Realitäten im Sinn der Realrepugnanz lässt sich somit lösen, indem die sich widersprechenden Realitäten teils zu den Bestimmungen Gottes und teils zur Welt gezählt werden.

Kants Ziel in Der einzig mögliche Beweisgrund erschöpft sich jedoch nicht darin, den Nachweis zu erbringen, dass der Begriff Gottes nicht nur keinen logischen Widerspruch, sondern auch keinen positiven Widerspruch enthält. In dieser Schrift entwickelt Kant zudem einen originären Gottesbeweis, der ihn selbst jedoch nicht lange zu überzeugen vermochte.[7] Demgegenüber ist bekanntlich Kants Kritik an den Beweisen des Daseins Gottes, die er in der Kritik der reinen Vernunft (KrV) entwickelt, epochemachend gewesen.

2. Kants kritische Philosophie als Zäsur

Kants kritische Philosophie stellt eine Zäsur in der philosophischen Auseinandersetzung mit Fragen der philosophischen Theologie dar. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob und wie Gottes Dasein bewiesen werden kann. Vor der Veröffentlichung der KrV war die Entwicklung von Beweisen des Daseins Gottes im Bereich der sog. natürlichen Theologie verbreitet.[8] Beweise der Existenz Gottes sind zwar scharfer Kritik etwa von David Hume oder Paul-Henri Thiry d’Holbach ausgesetzt gewesen. Jedoch sind abgesehen von bedeutenden Ausnahmen allererst im Anschluss an Kants kritische Philosophie vor allem im deutschen Sprachraum für längere Zeit Versuche, Gottes Existenz zu beweisen, kaum mehr unternommen worden. Zu diesen Ausnahmen zählt Mendelssohn, der in Auseinandersetzung mit der Kantischen Kritik originäre Beweise des Daseins Gottes entwickelte. Aber auch seine neuen Gottesbeweise konnten die von Kant gesetzte Zäsur nicht mehr rückgängig machen. Gottesbeweise hatten ihre zentrale Bedeutung innerhalb der Philosophie verloren und haben sie bis in die Gegenwart auch nicht mehr wiedererlangt, obgleich bspw. Kurt Gödel oder Charles Hartshorne neue Beiträge zu dieser Debatte geliefert haben (Oppy, 2023).

Eine Schlüsselrolle in dieser Entwicklung kommt Kants Kritik an dem physikotheologischen, dem kosmologischen und dem ontologischen Gottesbeweis in der KrV zu.[9] Der physikotheologische (teleologische) Gottesbeweis versucht Gottes Existenz anhand von den in der Welt erkennbaren „Zeichen einer Anordnung nach einer Absicht, mit großer Weisheit ausgeführt“ (KrV, A625/B653) zu beweisen, wie sie bspw. anhand des Zusammenspiels zwischen Bienen und Blumen erkennbar zu sein scheint.[10] Diese zweckmäßige Anordnung könne nicht der Natur der Dinge der Welt zugesprochen werden und komme ihnen nur zufällig zu. Es müsse daher Gott als die weise und freie Ursache der Welt existieren.[11] Der kosmologische Gottesbeweis begründet die Existenz Gottes anhand der Existenz des Subjekts (oder der Welt). Er besagt, dass dann, wenn etwas (Kontingentes) existiert, auch ein notwendiges Wesen und mithin Gott existieren muss, da die Existenz von etwas Kontingentem letzten Endes eine schlechthin notwendige – und nicht ihrerseits zufällige – Ursache voraussetzt (KrV, A605/B633n, vgl. Pasternack und Fugate, 2022; Proops, 2014). Da im Blick auf die Erfahrung zu erkennen ist, dass man selbst, das Subjekt (bzw. die Welt) existiert, müsse folglich auch ein absolut notwendiges Wesen existieren. Daran anschließend versucht der kosmologische Gottesbeweis zu zeigen, dass der Begriff des allerrealsten Wesens der einzig mögliche Begriff ist, durch den das notwendige Wesen gedacht werden kann.[12]

Der ontologische Gottesbeweis begründet Gottes Dasein gänzlich a priori, also unabhängig von der Bezugnahme auf die Erfahrung. In der KrV berücksichtigt Kant zwei Varianten des ontologischen Gottesbeweises. Die erste Variante begründet Gottes Existenz anhand des Begriffs ens necessarium.[13] Das Argument besagt, dass der Gedanke der Möglichkeit der Nichtexistenz des absolut notwendigen Wesens dem Begriff von diesem Wesen widerspricht. Die Definition des Begriffs ens necessarium lautet nach Kant, dass das absolut notwendige Wesen „so etwas sei, dessen Nichtsein unmöglich ist“ (KrV, A592/B620). Anhand der Definition des Begriffs ensnecessarium soll es daher möglich sein, die Existenz dieses Wesens zu beweisen. Schließlich ist dieser Begriff einer von einem Wesen, mit Bezug auf das ein Widerspruch gegenüber dem Begriff von diesem Wesen vorliegt, wenn seine Nichtexistenz gedacht ist. Kants Einwand gegen diesen Gottesbeweis lautet allerdings u.a., dass der Begriff ens necessarium keine Merkmale enthält, die verständlich machen, aufgrund von welchen Eigenschaften Gottes Nichtexistenz unmöglich sein soll. Der Begriff des absolut notwendigen Wesens ist für sich betrachtet nicht intelligibel (KrV, A593/B621).

Der Gottesbeweis anhand des Begriffs ens necessarium verweist damit der Sache nach auf die zweite Variante des ontologischen Gottesbeweises, die Kant in der KrV untersucht (KrV, A596/B624). Diese setzt bei dem Begriff ens realissimum an. Mit dessen Hilfe soll es möglich sein, den Begriff eines schlechthin notwendigen Wesens zu begreifen. Gott als das realste Wesen schließt demnach alle Realität bzw. positiven Bestimmungen im höchsten Grade ein, wie bspw. Gerechtigkeit, Güte, Macht oder Weisheit, und schließt zugleich alle Mängel oder Einschränkungen aus.[14] Auch die Existenz zähle zu den Realitäten, sodass der Begriff ens realissimum einschließe, dass das realste Wesen existiert. In der Kantforschung ist umstritten, wie Kants Kritik an dieser zweiten Variante des ontologischen Gottesbeweises zu verstehen ist.[15] Wenn wir der vermutlich nach wie vor verbreitetsten Interpretation folgen, lautet Kants Kritik vordergründig, dass die Existenz kein reales Prädikat ist bzw. nicht zu den Realitäten zählt. Dies sei daran zu erkennen, dass der Begriff eines möglichen Gegenstandes nicht weniger reale Prädikate als der Begriff eines existierenden Gegenstandes enthalte, da sonst der Begriff von einem möglichen Gegenstand dem existierenden Gegenstand nicht entspräche. Anhand einer Analyse des Begriffs des realsten Wesens lasse sich daher dessen Existenz nicht beweisen. Der ontologische Gottesbeweis ist damit in beiden Varianten gescheitert.

Kants Leistung auf dem Feld der rationalen Theologie ist jedoch insbesondere in dem Nachweis zu sehen, dass der physikotheologische und der kosmologische Gottesbeweis letztlich die Gültigkeit des ontologischen Gottesbeweises voraussetzen, der nach Kant, wie skizziert, nicht überzeugt (Henrich, 1960, S. 168).[16] Die Gottesbeweise innerhalb der rationalen Theologie und damit auch der Leibniz-Wolffschen Tradition seien somit insgesamt gescheitert. Der physikotheologische Gottesbeweis setzt nach Kant den kosmologischen Beweis voraus. Der physikotheologische Gottesbeweis kann anhand der Erfahrung keinen Begriff von der obersten Weltursache geben, die außer der Welt zu verorten ist (KrV, A591/B619, A628/B656). Dieser Gottesbeweis kann daher zur Bestimmung Gottes nur beim Begriff der Zufälligkeit ansetzen, zumal Gottes Dasein auch damit begründet wird, dass die zweckmäßige Anordnung der Welt den Dingen nur zufällig zukomme. „Von dieser Zufälligkeit allein“, so Kant, „geht man nun […] zum Dasein eines schlechthin Notwendigen, und von dem Begriffe der absoluten Notwendigkeit der ersten Ursache auf den durchgängig bestimmten […] Begriff desselben, nämlich einer allbefassenden Realität“ (KrV, A629/B657). Der Schluss vom Zufälligen auf ein notwendiges Wesen zeichnet nun aber den kosmologischen Gottesbeweis aus, sodass der physikotheologische Gottesbeweis den kosmologischen Gottesbeweis voraussetzt.

Der kosmologische Gottesbeweis wiederum setzt nach Kant jedoch seinerseits den ontologischen Beweis voraus (KrV, A606/B634-A607/B635). Auch hinsichtlich des absolut notwendigen Wesens, dessen Dasein anhand der Existenz von Kontingentem bewiesen sein soll, sei der Erfahrung nicht zu entnehmen, welche Eigenschaften es besitzt (KrV, A606/B634-A607/B635). Die Bestimmung dieser Eigenschaften kann daher nur mithilfe reiner Begriffe a priori erfolgen, sodass der Boden des ontologischen Arguments betreten wird. Wie erwähnt, sei dabei der Begriff des allerrealsten Wesens der einzige Begriff, durch den ein schlechthin notwendig existierendes Wesen gedacht werden könne. Folglich müsste, so Kant, aus dem Begriff des allerrealsten Wesens auch auf dessen Existenz geschlossen werden können. Eben dies ist jedoch ein apriorischer Gottesbeweis, und zwar der ontologische Beweis anhand des Begriffs ens realissimum, dessen Defekt Kant aufgezeigt hat. Mit dem Scheitern dieses Beweises ist in letzter Konsequenz die Grundlage aller Gottesbeweise zerstört.

3. Neue Zugänge zu Kant und der Leibniz-Wolffschen Tradition

Kants epochaler Erfolg mit seiner Kritik an Gottesbeweisen ist auch auf die Unterstützung seiner Anhänger wie der Hallenser Philosophen Christian Gottfried Schütz und Ludwig Heinrich von Jakob zurückzuführen, die Kants kritische Philosophie propagierten und gegen Einwände entschlossen verteidigten (Jakob, 1786; Schütz, 1785, 1786). So entwickelte Mendelssohn in seinen im Jahr 1785 erschienenen Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes (Morgenstunden) neue Gottesbeweise, mit denen Kants Einwände widerlegt werden sollten. Mendelssohns Bemühung um eine Restitution der Gottesbeweise war jedoch vergebens. Kant und vor allem seine Schüler veröffentlichten unmittelbar nach dem Erscheinen der Morgenstunden Einwände gegen Mendelssohns Ausführungen, die nicht nur gegen Mendelssohns Gottesbeweise gerichtet waren (Jakob, 1786; Kant, 1786, AA 8:131-148; Schütz, 1785, 1786). Sie hatten in der öffentlichen Wahrnehmung durchschlagenden Erfolg. Kant war aus dem langen Schatten Mendelssohns getreten.

Indes ist zu fragen, welche Verluste mit der Zäsur, die Kants Philosophie mit sich brachte, verbunden sind und ob Kants Kritik an den Beweisen der Existenz Gottes überzeugt. Unlängst hat bspw. Rogelio Rovira, der einen Beitrag zu diesem Dossier beisteuert, den Standpunkt vertreten, dass es Kant in Wahrheit gar nicht gelungen ist, Mendelssohns Beweis des Daseins Gottes in den Morgenstunden zu widerlegen. Rovira beschreibt, wie Mendelssohn Kants Einwände gegen Gottesbeweise in der KrV Schritt für Schritt bespricht und zu widerlegen sucht. Roviras These lautet: „Mendelssohn hat eine genaue und vollständige Widerlegung von Kants Kritik an dem ontologischen Beweis vorgelegt“ (Rovira, 2017, S. 401).[17] Rovira entwickelt mehrere Begründungen für diese These. Eine Begründung lautet folgendermaßen: Nach Kant ist der Begriff ens necessarium undenkbar, denn dieser Begriff soll der Begriff von einem Ding sein, das nicht aufgehoben werden kann, d.h. das nicht als nicht da seiend gesetzt bzw. gedacht werden kann. Jedoch gilt nach Kant, dass man sich „nicht den geringsten Begriff von einem Dinge machen [kann], welches, wenn es mit allen seinen Prädikaten aufgehoben würde, einen Widerspruch zurück ließe“ (KrV, A595-596/B623-624). Zudem stellt nach Kant jeder Begriff einen Gegenstand als einen möglichen Gegenstand vor. Aber im Fall des Begriffs ens necessarium ist die Existenz ein Merkmal des Begriffs selber. Der Begriff ens necessarium ist somit ein inkonsistenter Begriff (Rovira, 2017, S. 411).

Nach Rovira beruht Kants Kritik auf einer ignoratio elenchi oder einer petitioprincipii (Rovira, 2017, S. 413). Kant setzt bei seiner Argumentation voraus, dass der Begriff ens necessarium keine Ausnahme von der Regel bildet, dass jeder Begriff einen Gegenstand lediglich als möglich vorstellt. Wie Rovira in Rückgriff auf Mendelssohn ausführt, besteht die Pointe des ontologischen Beweises anhand des Begriffs ens necessarium dementgegen gerade darin, dass dieser Begriff die einzige Ausnahme von dieser Regel darstellen soll und mithin ein Sonderfall ist.[18] Im Fall der Begriffe von kontingenten Gegenständen sind zwar die diesen Begriffen entsprechenden Gegenstände bloß möglich. Im Fall des Begriffs ens necessarium gilt dies aber gerade nicht. Der Begriff ens necessarium ist nur dann ein Begriff, wenn der diesem Begriff entsprechende Gegenstand existiert.[19] Dieser Begriff ist daher auch nur dann tatsächlich gedacht, wenn zugleich die Existenz Gottes gedacht ist. Eben dies folgt aus der Nominaldefinition dieses Begriffs, gemäß der, laut Kants eigener Erklärung, das ens necessarium etwas ist, dessen Nichtsein unmöglich ist. Wenn demnach, wie von Kant gefordert, die Möglichkeit der Nichtexistenz des ens necessarium vorgestellt werden soll, wird der Begriff ens necessarium in Wahrheit gar nicht gedacht. Kant setzt bei seiner Argumentation somit als gültig voraus, was gerade erst zu beweisen wäre und, mehr noch, durch den Begriff ens necessarium gerade widerlegt wird, und zwar dass es keine Ausnahme von der Regel gibt, dass jeder Begriff der Begriff von einem Gegenstand ist, der bloß möglich ist. Nach Rovira gilt somit:

Kants Feststellung ist also entweder eine ignoratio elenchi oder eine petitio principii. ignoratioelenchi deshalb, weil die These nicht die Einzigartigkeit des notwendigen Seins berücksichtigt; petitio principii, weil die Argumentation die Gültigkeit dessen, was bewiesen werden soll voraussetzt, d.h. die Unmöglichkeit, dass der Begriff des notwendigen Seins eine Ausnahme ist (2017, S. 413).[20]

In der Forschung ist umstritten, ob es Mendelssohn in den Morgenstunden tatsächlich gelingt, Kants Einwände gegen Gottesbeweise zu widerlegen (vgl. Altmann, 1982; Lang, 2021; Rovira, 2023). Allerdings werden auch unter Berücksichtigung der modernen Logik Einwände gegen Kants Kritik formuliert und so bleibt die Überzeugungskraft seiner Kritik äußerst umstritten (vgl. Bromand, 2011). Angesichts dieser Debattenlage gilt es die Antworten auf die Frage nach dem Dasein Gottes vor Kant erneut in Betracht zu ziehen und in ihrer Beziehung zu Kants Philosophie kritisch zu untersuchen. Der Ertrag dieses Unternehmens ist vielversprechend: Eine Reihe von Untersuchungen haben die zentrale Bedeutung der deutschen Schulmetaphysik für Kants Verständnis des Begriffs von Gott aufgezeigt und erläutert. Diese Arbeiten belegen eindrucksvoll, dass eine Berücksichtigung der deutschen Schulmetaphysik zu einem besseren Verständnis der Philosophie Kants beiträgt. So hat bspw. unlängst Kreimendhal den Einfluss von Baumgarten auf Kants Auffassung von Gott dargelegt (Kreimendahl, 2011, S. LXXI-XCVIII). Dieser Einfluss betrifft zentrale Punkte wie etwa Kants Begründung seines neuen Gottesbeweises in Der einzig mögliche Beweisgrund oder auch Kants Definition von Schlüsselbegriffen wie “zufällig” und “notwendig”.

Es zählt daher zu den Aufgaben der gegenwärtigen und zukünftigen Forschung zu Kant und der klassischen deutschen Philosophie, die Theorien der Leibniz-Wolffschen Tradition systematisch zu rekonstruieren sowie neu und unvoreingenommen zu bewerten. Das gilt gerade auch in ihrer Beziehung zu Kants Philosophie und hinsichtlich der Bewertung der Schlüssigkeit von Kants Einwänden gegenüber dieser Tradition. Dieses Dossier leistet einen Beitrag zu diesem Anliegen, indem Leibniz, Wolff und Mendelssohn, aber auch der nahezu in Vergessenheit geratene Philosoph Ludwig Heinrich von Jakob in ein Gespräch mit Kant gebracht werden.

4. Die Beiträge des Bandes

Holger Gutschmidt beschäftigt sich in seinem Beitrag „Leibniz and Kant on God: Metacritical Remarks Regarding Kant’s Criticism of the Classical Program of Proving God’s Existence“ vornehmlich mit Leibniz’ „Gottesprogamm“, für das das kosmologische und das ontologische Argument zentral sind, sowie mit Kants Kritik an diesen Argumenten. Laut dem Verfasser ist es nicht überzeugend, dass sich Leibniz auf die beiden Argumente als auf wesentlich unabhängige Beweise beruft. Kant behält in seiner Behauptung, die Beweise wären eng verknüpft, also recht. Da Kants Kritik am kosmologischen Gottesbeweis jedoch die Geltung des transzendentalen Idealismus voraussetzt und seine Kritik am ontologischen Beweis nicht überzeugt, könnte Leibniz Kants Kritik zurückweisen. Doch selbst wenn Leibniz sich nicht von Kants Kritik widerlegt sähe, so sind seine Gottesbeweise jedenfalls mit einer wesentlichen Unklarheit behaftet: Damit die Argumentation überzeugt, müsste Leibniz den Begriff des ens necessarium, der aus dem kosmologischen Beweis hervorgeht, vollständiger bestimmen.

Jessica Segesta setzt sich in ihrem Beitrag „Kant’s Critique of the Wolffian “Mathematical Method” and the Ontological Question of Principles in the Deutlichkeit (1764)“ mit einigen Schlüsselaspekten von Kants Kritik an der Wolffschen mathematischen Methode, so wie sie in der Schrift Deutlichkeit ausgeführt wird, auseinander. In ihrer detaillierten Analyse zeigt die Verfasserin, dass Kant in der Polemik mit Wolff an formalen Prinzipien der rationalistischen Ontologie Kritik übt. Die Verfasserin legt dar, dass sich der Wolffsche Begriff der „mathematischen Methode“ auf ein universelles Modell der Nachforschung bezieht, das sich auf die logischen Prinzipien der rationalistischen Ontologie zurückführen lässt. Den Kern des Aufsatzes bildet die Analyse der „Definition“, denn diese ist das Schlüsselelement der Wolffschen Methode, gegen das sich Kant wendet. Die Verfasserin hebt hervor, dass Kant eindeutig zwischen der „synthetischen“ Methode der Mathematik und der „analytischen“ Methode der philosophischen Erkenntnis unterscheidet. Im Blick auf diese Unterscheidung zeigt sich, dass weder die mathematische noch die philosophische Erkenntnis durch den Rückgriff auf die „formalen Prinzipien“ der rationalistischen Ontologie erklärt werden kann.

Rogelio Rovira legt in seinem Artikel „Kant and Jakob Facing Mendelssohn’s New Proof for the Existence of God: A Case of Misunderstanding“ zunächst eine Übersicht von Mendelssohns Gottesbeweisen vor. Im zweiten Schritt geht der Verfasser in einer detaillierten Analyse auf Mendelssohns originellen Gottesbeweis, den dieser in der Schrift Morgenstunden formuliert, ein. Das Originäre an Mendelssohns Beweis besteht darin, dass er von der Unvollständigkeit unseres Wissens über uns selbst ausgehend die Existenz Gottes erweist. Den Ausgangspunkt des Arguments bilden somit nicht „höchste“, „ewige“ Wahrheiten, wie sie den Gottesbeweisen von bspw. Leibniz oder Lambert zugrunde liegen, sondern die Gewissheit der Beschränktheit unserer Selbsterkenntnis. Rovira zeigt, dass Kant und Jakob die Originalität des Beweises nicht erkannt und den Beweis von Vornherein unter Voraussetzung der Geltung des transzendentalen Idealismus beurteilt haben. Abschließend legt der Verfasser die aktuelle Relevanz von Mendelssohns Gottesbeweis dar. Es wird gezeigt, dass Hans Jonas und Robert Spaemann mit ihren Gottesbeweisen der Sache nach auf je eigenständige Weise Mendelssohns Frage darnach, wie die Wahrheit hinsichtlich dessen möglich ist, das wir nicht kennen, wieder aufgreifen.

Im Artikel „Kant als Metaphysiker. Überlegungen zu Kants Metaphysikkritik“ untersucht Jindřich Karásek Kants Kritik an der Metaphysik. Laut Karásek zählt Kant zu den wichtigsten Philosophen der Geschichte der Metaphysik, da er einerseits der Metaphysik, die den Mos geometricus verwendet, den Boden entzog und andererseits mit seiner Ontologie die Metaphysik in eine Lehre vom Seienden als Phänomen bzw. die Erkenntnis des nicht-empirischen Seienden in die nicht-empirische Erkenntnis des Empirischen transformierte. Dabei sei es Kants Anliegen gewesen, die Metaphysik zum Rang einer Wissenschaft zu erheben. Dies sei nach Kant nur dann möglich, wenn sie synthetische Urteile a priori enthält. Karásek untersucht Kants Auffassung von der Transformation der Metaphysik in eine transzendentale Ontologie als einer Entwicklung, die sich in drei Schritten vollzieht und an deren Endpunkt Kants kritische Philosophie steht. Der Verfasser erläutert die Bedeutung der Rede von einer „geschichtlichen Erklärung der Metaphysik“ und begründet die Thesen, dass für Kant die Metaphysik allererst durch seine Kritik der reinen Vernunft den Rang einer Wissenschaft erhalten habe und im Unterschied zu anderen Wissenschaften wie bspw. der Mathematik als ein vollendetes Ganzes dargestellt werden kann.

5. Danksagung

Die Herausgeberin und der Herausgeber danken herzlich der Zeitschrift Revista de Estudios Kantianos für die Möglichkeit, ein Dossier zum Thema „Kant und die Leibniz-Wolffsche Tradition“ gestalten zu dürfen. Unser Dank gilt insbesondere Frau Dr. Paula Órdenes und Herrn Prof. Dr. Rogelio Rovira. Ohne ihre Unterstützung und ihr Interesse an unserem Dossier wäre es nicht möglich gewesen, dieses Projekt zu realisieren. Schließlich möchten wir uns herzlich bei den Beitragenden für ihre Geduld und Bereitschaft bedanken, bisher unveröffentlichte Aufsätze zu diesem Dossier beizusteuern.

Tereza Matějčková und Stefan Lang

Prag und Wien, 25. Oktober 2023

Literatur

Altmann, A. (1982). Moses Mendelssohn’s proofs for the existence of God. In Die trostvolle Aufklärung: Studien zur Metaphysik und politischen Theorie Moses Mendelssohns (S. 135-151). Frommann-Holzboog.

Arndt, H. W. (1971). Methodo scientifica pertractatum: Mos geometricus und Kalkülbegriff in der philosophischen Theorienbildung des 17. und 18. Jahrhunderts. Walter de Gruyter.

Baumgarten, A. (2011). Metaphysica / Metaphysik. Historisch-kritische Ausgabe. Abteilung I: Texte. Band 2. Übersetzt, eingeleitet und herausgegeben von Günter Gawlick und Lothar Kreimendahl. Frommann-Holzboog.

Beiser, F. (2009). Diotima’s children: German eesthetic rationalism from Leibniz to Lessing. Oxford University Press.

Bissinger, A. (1970). Die Struktur der Gotteserkenntnis: Studien zur Philosophie Christian Wolffs. Bouvier.

Bondeli, M., und Imhof, S. (2017). Einleitung. In M. Bondeli (Hrsg.), Karl Leonhard Reinhold. Auswahl vermischter Schriften. Zweiter Teil. Kommentierte Ausgabe. Band 5/2 (S. VII-LXXXV). Schwabe.

Bromand, J. (2011). Kant und Frege über die Existenz. In J. Bromand und G. Kreis (Hrsg.), Gottesbeweise von Anselm bis Gödel (S. 195-209). Suhrkamp.

Bromand, J., und Kreis, G. (Hrsg.) (2011). Gottesbeweise von Anselm bis Gödel. Suhrkamp.

Cataldi Madonna, L. (2001). Christian Wolff und das System des klassischen Rationalismus. Olms.

Cataldi Madonna, L. (2011). The eighteenth-century rehabilitation of sensitive knowledge and the birth of aesthetics: Wolff, Baumgarten and Mendelssohn. In R. Munk (Hrsg.), Moses Mendelssohn’s Metaphysics and Aesthetics (S. 279-297). Springer.

Cesa, C. (2004). Einige Bemerkungen zu den vorkantischen Quellen des Fichteschen Denkens. In C. Pascale, E. Fuchs, M. Ivaldo, und G. Zöller (Hrsg.), Fichte und die Aufklärung (S. 27-33). Olms.

Dyck, C. (2011), A Wolff in Kant’s clothing: Christian Wolff’s influence on Kant’s accounts of consciousness, self-consciousness, and psychology: A Wolff in Kant’s clothing. Philosophy Compass, 6(1), 44-53.

École, J. (1973). De démonstration "a posteriori" de l'existence et des attributs de Dieu, ou la "Theologia naturalis, pars I" Christian Wolff. Giornale di Metafisica, 28, 537-560.

École, J. (1979). En quels sens peut-on dire que Wolff est rationaliste? Studia Leibnitiana, 11(1), 45-61.

Euler, W. L. (2021). Hegel and Wolff’s psychologies. In S. de Freitas Araujo (Hrsg.), The Force of an Idea (S. 271-294). Studies in History and Philosophy of Science 50. Springer.

Frank, M. (2018). „Reduplikative Identität“. Der Schlüssel zu Schellings reifer Philosophie. Frommann-Holzboog.

Franz, M., und Neumann, H.-P. (2009). Joseph Friedrich Schellings Dissertatio philosophica de simplicibus, et eorum diversis speciebus von 1758. In H.-P. Neumann (Hrsg.), Der Monadenbegriff zwischen Spätrenaissance und Aufklärung (S. 339-400). Frommann-Holzboog.

Heimsoeth, H. (1967). Metaphysik der Neuzeit. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt.

Henrich, D. (1960). Der Ontologische Gottesbeweis. Sein Problem und seine Geschichte in der Neuzeit. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).

Ivaldo, M. (2000). Fichte e Leibniz. La comprensione trascendentale della monodologia. Guerini e Associati.

Ivaldo, M. (2003). Fichte und Leibniz zur Intersubjektivität. Fichte-Studien, 22, 59-72.

Jakob, L. W. v. (1786). Prüfung der Mendelssohnschen Morgenstunden oder aller spekulativen Beweise für das Daseyn Gottes. Johann Samuel Heinsius.

Jakušić, D. (2017). The possibility of ontology. Doktorarbeit, Universität Warschau.

Kant, I. (1902). Was heißt: Sich im Denken orientieren? Kants Gesammelte Schriften. Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften (Ed.), vol. 8, Walter de Gruyter.

Kreimendahl, L. (2011). Einleitung. In L. Kreimendahl und M. Oberhausen (Hrsg.), Immanuel Kant. Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes. Historisch-kritische Edition. Mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Lothar Kreimendahl und Michael Oberhausen (S. XIII-CXXIX). Felix Meiner.

Krijnen, C. (2017). Kants Konzeption kosmologischer Freiheit – ein metaphysischer Rest? Revista de Estudios Kantianos, 2, 179-195.

Kühn, M. (2001). Kant. A biography. Cambridge University Press.

Lang, S. (2021). Mendelssohn und Kant über den ontologischen Gottesbeweis. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 69, 720-741.

Ludovici, C. G. (1737). Ausführlicher Entwurff einer vollständigen Historie der Wolffischen Philosophie. 1. Zum Gebrauch Seiner Zuhörer. Löwe.

Mendelssohn, M. (1974). Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes (1785). In F. Bamberger, H. Borodianski, S. Rawidowicz, B. Strauss, L. Strauss, I. Elbogen, J. Guttmann, E. Mittwoch, und A. Altmann (Hrsg.), Moses Mendelssohn, Gesammelte Schriften, Jubiläumsausgabe, 3, 2 (S. 1-175). Frommann Verlag (G. Holzboog).

Oppy, G. (2023). Ontological arguments. The Stanford encyclopedia of philosophy. https://plato.stanford.edu/archives/fall2023/entries/ontological-arguments/.

Pasternack, L., und Fugate, C. (2022). Kant’s Philosophy of Religion. The Stanford encyclopedia of philosophy.

https://plato.stanford.edu/archives/sum2022/entries/kant-religion/.

Proops, I. (2014). Kant on the cosmological argument. Philosophers’ Imprint, 14, 1-21.

Röhr, S. (2012). Auf der Suche nach einem Willensbegriff beim frühen Reinhold. In V. Stolz, M. Hein, und M. Bondeli (Hrsg.), Wille, Willkür, Freiheit: Reinholds Freiheitskonzeption im Kontext der Philosophie des 18. Jahrhunderts (S. 13-30). Walter de Gruyter.

Rovira, R. (2017). Mendelssohn’s Refutation of Kant’s critique of the ontological proof. Kant-Studien, 108(3), 401-426.

Rovira, R. (2023). Nochmals zu Mendelssohn, Kant und dem ontologischen Gottesbeweis. Antwort an Stefan Lang. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 71(2), 194-200.

Rudolph, O.-P., und Goubet, J.-F. (2003). Die Psychologie Christian Wolffs: Systematische und historische Untersuchungen. Niemeyer.

Sala, L., und Kabeshkin, A. (2022). A priori philosophy of nature in Hegel and German rationalism. British Journal for the History of Philosophy, 30(5), 797-817.

Schütz, C. G. (1785). Rezension von: Mendelssohn, M.: Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes. Allgemeine Literaturzeitung vom Jahre 1786, Erster Band, Januar, Februar, März, Jena, 1-6.

Schütz, C. G. (1786). Mendelssohn, M.: Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes etc. (Beschluß der Nro. 1 abgebrochnen Recension.). Allgemeine Literaturzeitung vom Jahre 1786, Erster Band, Jena, 49-56.

Stiening, G. (2014). [D]arinn ich noch nicht völlig seiner Meynung habe beipflichten können: Gottsched und Wolff. In E. Achermann (Hrsg.), Johann Christoph Gottsched (1700-1766): Philosophie, Poetik und Wissenschaft (S. 39-60). Akademie Verlag.

Taver, K. V. (2006). Freiheit und Prädetermination unter dem Auspiz der prästabilierten Harmonie: Leibniz und Fichte in der Perspektive. Rodopi.

Trinius, J. A. (1759). Freydenker-Lexicon, oder Einleitung in die Geschichte der neuern Freygeister ihrer Schriften, und deren Widerlegungen. Cörner.

Wolff, C. (2003). Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt (1720), Halle 1751, GW, Abt. I, Bd. 2, Nachdruck, Olms.

Wunderlich, F. (2005). Kant und die Bewußtseinstheorien des 18. Jahrhunderts. Walter de Gruyter.

Wundt, M. (1964). Die deutsche Schulphilosophie im Zeitalter der Aufklärung. Olms.

Erhalten: 19/11/2023

Akzeptiert: 01/12/2023

[1] Universität Halle. Kontakt: stefan.lang@phil.uni-halle.de. ORCID: https://orcid.org/0000-0002-0538-9057.

[2] Univerzita Karlova. Kontakt: tereza.matejckova@ff.cuni.cz. ORCID: https://orcid.org/0000-0003-3186-455X.

[3] Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs hat die Erforschung der Leibniz-Wolffschen Tradition in den 1960er und den 1970er Jahren einen ersten Höhepunkt erreicht (vgl. bspw. Arndt, 1971; Bissinger, 1970; École, 1973, 1979). In dieser Einleitung werden vor allem Arbeiten erwähnt, die nach der Jahrtausendwende erschienen sind, um auf diese Weise das aktuelle Interesse an der Leibniz-Wolffschen Tradition zu verdeutlichen.

[4] Von der deutschen Schulmetaphysik des 18. Jahrhunderts ist die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts zu unterscheiden. Zur deutschen Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts siehe Wundt (1939., 1964).

[5] Gideon Stiening zählt Mendelssohn jedoch zur deutschen Schulmetaphysik (Stiening, 2014, S. 55).

[6] Kants einflussreiche Ethikotheologie wird somit nicht berücksichtigt.

[7] Kant entwickelt Gottesbeweise bereits in seinen frühen Untersuchungen wie der Habilitationsschrift Principiorum primorum cognitionis metaphysicae nova dilucidatio Gottesbeweise (PND, AA 1:385-416).

[8] Vgl. die Übersicht in dem Freidenkerlexikon von Johann Anton Trinius (1759).

[9] Varianten dieser Beweisarten der Existenz Gottes sind u.a. bei Leibniz (Bromand und Kreis, 2011, S. 179), Wolff (2003, S. 574-575), Baumgarten (2011, S. 441) oder auch Mendelssohn (1974, S. 153ff.) zu finden.

[10] Der physikotheologische Gottesbeweis tritt in zwei Varianten auf. Nach der ersten Variante ist der Ausgangspunkt des Beweises des Daseins Gottes ein Naturphänomen, das angesichts ihrer Schönheit und Zweckmäßigkeit Gottes Wirken in der Schöpfung ausdrücken soll. Gemäß der zweiten Variante ist Gottes Wirken in der Harmonie und Einheitlichkeit der Gesetze der Natur zu erkennen. Kant konzentriert sich in der KrV auf die zweite Variante. Bereits in seinen vorkritischen Schriften war Kant davon überzeugt, dass die zweite Variante der ersten vorzuziehen ist (vgl. Kreimendahl, 2011, S. XXXVII-XXXVIII).

[11] „Der Schluß“, so Kant, „geht also von der in der Welt so durchgängig zu beobachtenden Ordnung und Zweckmäßigkeit, als einer durchaus zufälligen Einrichtung, auf das Dasein einer ihr proportionierten Ursache“ (KrV, A627/B655).

[12] In der Kantforschung ist nach wie vor umstritten, wie Kants Argumentation, dass der Begriff ens realissimum der einzige Begriff ist, durch den das notwendige Wesen gedacht werden kann, im Detail zu verstehen ist (KrV, A605–606/B633, vgl. Proops, 2014). Die Rekonstruktion von Kants Argumentation würde den Rahmen dieser Einleitung sprengen, deren Ziel es ist, einen Einblick in die Debatte über Gottesbeweise zwischen Kant und der Leibniz-Wolffschen Tradition zu geben.

[13] Kant erläutert die Bedeutung des Ausdrucks ‚schlechthin notwendig‘ folgendermaßen: „als schlechthin notwendig erkennt die Vernunft nur dasjenige, was aus seinem Begriffe notwendig ist.“ (KrV, A612-613/B640-641).

[14] Baumgarten hat im Anschluss an Leibniz den Standpunkt vertreten, dass das ens realissimum alle Realität enthält, und zwar „der größten [Realitäten], die in irgendeinem Ding sein können“ (2011, S. 439).

[15] Für eine alternative Interpretation vgl. Bromand und Kreis (2011, S. 200-209).

[16] Nach Henrich besteht Kants „eigentümliche kritische Leistung“ gleichwohl in dem Nachweis, „daß die vermeintlich reale Notwendigkeit der ersten Ursache nur die subjektive Notwendigkeit der Annahme eines Terminus in der Reihe der Gründe ist, daß also der erste Grund alles Bedingten modal unbestimmt bleibt“ (Henrich, 1960, S. 176).

[17] Übersetzung von Tereza Matějčková. [Im Original: “Mendelssohn provided an accurate and complete refutation of Kant’s criticism of the ontological argument”].

[18] Mendelssohn, 1974, S. 153: Im Fall des Begriffs ens necessarium gilt es “Begriff und Sache [zu] denken, oder den Begriff selbst fahren [zu] lassen”.

[19] Rovira, 2017, S. 413: “Im Unterschied zu einem kontingenten Sein, dessen Objekt eine ideale Existenz zukommen kann, ohne real zu existieren, verweist der Begriff des notwendigen Seins zwingend auf ein ihm entsprechendes Objekt in der Realität, d.h. es kann kein Begriff sein ohne auch ein Seiendes zu sein”. Übersetzung von Tereza Matějčková. [Im Original: “Unlike the concept of a contingent being, whose object can have an ideal existence without having a real one, the concept of the necessary being cannot be a concept without there being a corresponding object in reality, i.e. it cannot be a concept without also being a thing”].

[20] Übersetzung von Tereza Matějčková. [Im Original: “Kant’s assertion is either an ignoratio elenchi or a petitio principii: the former, because the contention does not take into account the uniqueness of the necessary being; the latter, since it presupposes the validity of what must be demonstrated, i. e. the impossibility of the concept of the necessary being’s being the only exception to the rule”].

Non-Profit-Publishing-Modell zur Wahrung des akademischen und offenen Charakters der wissenschaftlichen Kommunikation
HMTL erzeugt aus XML JATS4R von